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Wie das SAP Migration Cockpit den Umstieg auf S/4HANA erleichtert und beschleunigt

Von Jeremia Girke
S/4HANA
26. Mai 2025

Noch immer zögern viele Unternehmen den Umstieg von SAP ECC auf S4/HANA hinaus. Klar, so ein Migrationsprojekt klingt nach viel Aufwand – und ehrlich gesagt: Das ist es auch.

Doch die Uhr tickt! Spätestens 2027 ist Schluss mit dem alten ERP. Zumindest, wenn man nicht auf den teuren Extended Support ausweichen will. Damit Unternehmen den Herausforderungen besser begegnen und den Transformationsprozess beschleunigen können, hat SAP das (Data) Migration Cockpit ins Leben gerufen. Was dahintersteckt und wie es dir den Umstieg auf SAP S/4HANA deutlich erleichtert, erfährst du hier. 

Inhalt
    • Das SAP Migration Cockpit ermöglicht eine schnelle Datenübertragung in SAP S/4HANA On-Premise und Cloud – ohne zusätzliche Kosten und Programmierkenntnisse. 
    • Unterstützt werden drei verschiedene Wege der Datenübertragung: Datei-, Staging- und direkte Migration.
    • Mithilfe der Transaktion LTMOM können die standardisierten Migrationsobjekte von SAP angepasst und erweitert werden.

    Was ist das Migration Cockpit für SAP S4/HANA?

    Das Migration Cockpit wurde Ende 2016 als Nachfolger der Legacy System Migration Workbench (LSMW) eingeführt. Das Ziel: Die Datenmigration von einem Non-SAP- oder SAP-ERP auf SAP S/4HANA beschleunigen – und damit generell die S/4HANA-Transformation vereinfachen.  

    Dabei geht es nicht nur darum, Tabellen und Schriftstücke von A nach B zu kopieren. Der Prozess bildet vielmehr die Grundlage dafür, dass Geschäftsfunktionen im neuen ERP reibungslos und im besten Fall effizienter weiterlaufen. Datenmigration heißt also: auswählen, aufbereiten, übertragen – und am Ende sauber validieren.

    Das Migration Cockpit ist dafür ein wichtiges Werkzeug innerhalb des SAP Activate Methodology Frameworks. Es stützt sich auf Best Practices des SAP Process Navigator und ist direkt in SAP S/4HANA integriert. Das 4HANA Migration Cockpit ist also kostenlos verfügbar. 

    LSMW, Migration Cockpit, SAP Data Services – wo liegen die Unterschiede?

    LSMW ist der Vorgänger des Migration Cockpit. Das heißt nicht, dass die Workbench nicht mehr existiert. Für SAP On-Premise kann sie für die Datenmigration weiterhin genutzt werden. Allerdings rät SAP davon ausdrücklich ab. Aufgrund geänderter Datenstrukturen und Schnittstellen funktioniert LSMW nicht mehr zuverlässig und schlägt möglicherweise falsche Migrationswege vor.

    Und was ist mit SAP Data Services? Das ETL-Tool (Extract, Transform, Load) ist traditionell für komplexe Daten-Prozesse in On-Premise-Umgebungen gedacht. Es ist immer noch im Einsatz.

    Anders für die Cloud: Dafür gab es das Angebot SAP Cloud Integration for Data Services. Dieser Service wurde am 31. August 2024 eingestellt. Das SAP S/4HANA Migration Cockpit ist deswegen das einzige von SAP offiziell unterstützte Tool für die Datenmigration in die SAP S/4HANA Cloud.

    Überblick: Features und Migrationstechniken

    Das Migration Cockpit wurde speziell für den Greenfield-Ansatz entwickelt. Anders als beim Bluefield- und Brownfield-Vorgehen werden dabei keine historischen Daten wie abgeschlossene Buchungen oder alte Aufträge übernommen. Das S/4HANA-System wird von Grund auf neu aufgesetzt.

    Der Fokus liegt also auf dem, was für einen reibungslosen Geschäftsablauf wirklich gebraucht wird. Dazu zählen Stammdaten für eine einheitliche Datenbasis und offene Transaktionsdaten zum Beispiel offene Bestellungen, unbezahlte Rechnungen oder aktive Wartungsaufträge.

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    Aus der Praxis

    Die Greenfield-Methode hat den großen Vorteil, dass ein an Best Practices orientiertes, sauberes ERP aufgesetzt wird. Das hilft, veraltete Strukturen über Bord zu werfen. Natürlich hängt das vom Einzelfall ab – aber erfahrungsgemäß steckt in vielen Unternehmen hier ein großes Effizienzpotenzial.

    Im Umkehrschluss heißt das, dass das Migration Cockpit nicht für den kontinuierlichen Datenfluss geeignet ist. Ebenso wenig wie für die Datenbereinigung. Auch bei der Datenübertragung aus mehreren Altsystemen stößt der Anwender schnell an seine Grenzen. 

    Und noch eine Einschränkung: Es soll ja Gründe geben, warum von einem bereits existierenden S/4HANA auf ein anderes S4-ERP migriert werden muss. Zum Beispiel von der 4HANA-Cloud auf einen lokalen Server oder umgekehrt. Auch das deckt das Migration Cockpit (noch) nicht ab.

    Ablauf der Datenmigration

    Der Zugriff auf das Migration Cockpit erfolgt über die Transaktion LTMC. Danach startet der Prozess, der aus folgenden Schritten besteht:

    Quelle: SAP

    1. Migrationsobjekte

    Zunächst werden die passenden Migrationsobjekte aus der SAP-Datenbank ausgewählt. Sie umfassen bestimmte Datenbereiche wie Rechnungen oder Kunden und definieren, welche Datenstrukturen übertragen werden sollen. Die Migrationsobjekte basieren auf Best Practices und werden kontinuierliche weiterentwickelt.

    Trotzdem kann es vorkommen, dass eine Anpassung an individuelle Bedürfnisse und Gegebenheiten notwendig sind. Dafür gibt es die Transaktion LTMOM. Sie steht für Legacy Transfer Migration Object Modeler. Zugriff darauf haben alle mit der Rolle SAP_CA_DMC_MC_DEVELOPER.

    Der S/4HANA Migrationsobjekt Modeler wurde seit seiner Einführung mit SAP S/4HANA 1610 kontinuierlich weiterentwickelt. Mittlerweile ist er leistungsfähiger als LSMW. Trotzdem kann es vorkommen, dass über Anpassungen hinaus eigene Migrationsobjekte erstellt werden müssen. Dann braucht es fundierte ABAP-Kenntnisse.

    2. Datenübertragung

    Im Anschluss stehen drei unterschiedliche Wege zur Verfügung, um die Informationen ins System zu bekommen:

    Direct Transfer

    Direct Transfer gibt es seit dem S/4HANA 1909 Release und funktioniert nur für SAP ERP 6.0. Der Zugriff erfolgt über das Fiori Launchpad.

    Die vom Migrationsobjekt angeforderten Daten werden bei Direct Transfer über eine RFC-Verbindung direkt aus den Tabellen in die Migration Cockpit Workbench geladen. Die Vorteile: Neben der Übertragung in Echtzeit gibt es keine Kapazitätsbeschränkungen.

    Bei der Übertragung von einem Non-SAP- oder einem älteren SAP-ERP muss auf die Datei- oder Staging-Variante zurückgegriffen werden.

    Dateibasierte Migration

    Bei der dateibasierten Migration erfolgt der Upload ins Migration Cockpit über XML-Templates, die für jedes Migrationsobjekt automatisch generiert werden. Nachteil dieses Vorgehens: Die Dateien dürfen nicht größer als 160 MB sein.

    Staging

    Für größere Datenmengen eignet sich die Staging-Methode. Dabei landen die Migrationsdaten zunächst in temporäre Datenbanktabellen im SAP HANA-System. Die Staging-Tabellen werden entweder manuell durch Coding oder automatisiert über ETL-Tools wie SAP Data Services befüllt.

    Die Methoden auf einen Blick

    KriteriumDateibasierte MigrationStaging- MigrationDirect Transfer
    QuellsystemeSAP- und Non-SAP-SystemeSAP- und Non-SAP-SystemeSAP-Systeme (ERP 6.0)
    DatenvolumenBis 160 MB pro DateiUnbegrenztUnbegrenzt
    VorbereitungXML-Template zum AusfüllenETL-Tool-Integration, HANA-Staging-TabellenRFC-Verbindung, Daten-Selektion und -Extraktion direkt in SAP
    GeschwindigkeitLangsam (manuelle Uploads)Mittel (Batch-Verarbeitung)Hoch (Echtzeitübertragung)
    Fehler­behandlungManuelle KorrekturdateienAutomatisierte ReplikationTransaktionsbasierte Rollbacks

    3. Mapping-Aufgaben

    Sobald die Daten verfügbar sind, beginnt das sogenannte Mapping. Bei dem Abgleich werden die Felder und Werte aus dem Altsystem den passenden Zielstrukturen in SAP S/4HANA zugeordnet.

    Viele Standardwerte wie Währung, Länderkennzeichen oder Buchungskreis müssen dabei nur einmal definiert werden. Sie gelten dann systemweit. SAP schlägt außerdem oft automatisch passende Werte vor.

    4. Simulation

    Bevor die Datentransformation beginnt, macht SAP noch einen Probelauf. Dafür werden alle Eingaben innerhalb der API überprüft, ohne dass eine einzige Datei auf das Zielsystem übertragen wird. Lediglich das Ergebnis der Verarbeitung wird als Meldungen und in Form eines Status bereitgestellt.

    So werden Fehler erkannt, bevor sie zum Problem werden. Darüber hinaus können gleich Abhängigkeiten zu anderen Objekten geprüft werden.

    10 Vorteile des SAP Migration Cockpit

    Zusammengefasst: Welche Vorteile bringt das Migration Cockpit? Hier kommt meine Top-10:

    1. Das Cockpit ermöglicht eine schnellere Transformation im Greenfield-Umfeld.
    2. Das S/4HANA Migration Cockpit ist im Auslieferungsumfang von S/4HANA enthalten, wodurch keine zusätzlichen Kosten entstehen.
    3. Der Migrationsprozess läuft über eine Fiori-App, sodass für Standardanwendungen keinerlei Programmierkenntnisse notwendig sind.
    4. Durch den standardisierten Prozess werden Fehler vermieden.
    5. Die Excel-XML-Dateien können an Fachabteilungen geschickt werden, damit sie befüllt werden. Das beschleunigt der Informationsfluss im Unternehmen.
    6. Die drei Übertragungsmethoden unterstützen eine Vielzahl von Formaten und Quellen – egal ob SAP oder Non-SAP.
    7. Mithilfe des Legacy Transfer Migration Object Modeler lassen sich die Migrationsobjekte an die speziellen Unternehmensanforderungen anpassen.   
    8. Vor der eigentlichen Migration gibt es einen Testlauf, wodurch Fehler frühzeitig entdeckt und behoben werden können.
    9. Es findet ein automatisches Mapping statt. Die Felder im Zielsystem füllen sich also automatisch mit den passenden Daten aus dem Altsystem.
    10. SAP erweitert das Migrationscockpit laufend um neue Migrationsobjekte und hält es technisch auf dem neuesten Stand. 

    Fazit

    Ein Flugzeugcockpit von dem ein Display und der Steuerknüppel zu sehen ist. Auf dem Display ist ei stilisiertiertes SAP Migrations Cockpit zu sehen. Am Steuerknüppel greift eine Hand, die das Flugzeug steuert. Die Person trägt einen violetten Eubuleus Hoodie.

    Das Migration Cockpit ist SAPs offizielles Werkzeug für die S/4HANA-Migration. Es ist nicht nur kostenlos und direkt integriert – es bringt auch eine klare Struktur mit, die durch das gesamte Szenario der Migration führt: von der Auswahl der passenden Migrationsobjekte über die Datenaufbereitung und das Mapping bis hin zur Simulation.

    Das erzwingt einen strukturierten Rahmen, der starrer und manchmal umständlicher als die schnellen Ad-hoc-Änderungen mit LSMW ist. Im Sinne der Nachvollziehbarkeit, Konsistenz und langfristigen Wartbarkeit ist ein solches Vorgehen allerdings ein großer Gewinn.

    Unterm Strich gilt deswegen aus meiner Sicht als Berater: Wenn du den Umstieg auf S/4HANA planst und Wert auf Kontrolle, Sicherheit und ein standardisiertes Vorgehen legst, sind die Funktionen des Migration Cockpit eine echte Hilfe.