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DSAG-Technologietage 2025: Meine 4 Take-aways vom SAP-Branchentreffen

Von Jeremia Girke
Events
24. April 2025
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Du bist eher der audiovisuelle Lerntyp?

Kein Problem! Zu dem Thema haben wir ein YouTube-Video gedreht. Schau es Dir hier an.

Die jährlichen DSAG-Technologietage stehen fest in meinem Kalender. In diesem Jahr fand das bedeutendste Branchentreffen der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) vom 02. bis zum 03. April in Wiesbaden statt. 

Unter dem Motto „Strategy Royale: Call, Raise or Fold?“ kamen rund 3.200 Teilnehmende zusammen. Die Stimmung unter ihnen erinnerte tatsächlich an ein Poker-Spiel: Von Euphorie bis Ernüchterung war alles dabei.

Mit etwas Abstand lassen sich die Eindrücke und neuen Erkenntnisse vom DSAG nun besser einordnen. Ich habe die wichtigsten Punkte für dich zusammengefasst – hier kommen meine vier zentralen Takeaways.

Inhalt
    • SAP hält an der Cloud-First-Strategie fest, auch wenn weiterhin etliche Unternehmen auf On-Premise setzen.
    • Mit ADS on XSA ist der Adobe Document Service ab 2027 weiterhin On-Premise nutzbar.
    • Data Volume Management über den Solution Manager ist ein Gamechanger für das Datenbankmanagement. 

    1. Trotz Kritik: SAP legt sich auf „Cloud only“ fest

    SAP entwickelt On-Premise technologisch nicht weiter. So wird es beispielsweise SAP Joule und alle weiteren KI-Anwendungen nicht für die lokale Welt geben.

    DSAG-Technologievorstand Sebastian Westphal brachte es super in seiner Keynote in Wiesbaden auf den Punkt: SAP konzentriert sich stark auf seine Cloud-Lösung, während die DSAG-Mitglieder On-Premise-Systeme weiterhin dringend benötigen. 

    Es gibt schlichtweg zu viele Services im SAP Cloud-Umfeld, die funktional weit hinter der On-Premise-Version zurück sind und für den Kunden keine überzeugenden Alternativen darstellen. Das umfasst unter anderem die eingeschränkte Anpassungsoptionen von SAP S/4HANA Cloud. Auch die Integration in bestehende IT-Landschaften ist meist schwieriger.

    SAP RISE als Lösung?

    Daran ändert auch SAP RISE nicht grundlegend etwas. Dieses umfassende Lösungspaket soll ERP-Kunden den Umstieg auf die Cloud-Technology erleichtern. 

    Allerdings ist es schwierig, das Transformationsprogramm in bestehende hybride Unternehmensarchitekturen zu integrieren. Außerdem sind die Service-Prozesse zu limitiert und wenig für Mittelständler geeignet. Westphal stellt ganz richtig bei der Veranstaltung fest: „Machen Sie mal ein Ticket in SAP for Me auf ist sicherlich nicht das Konzept von SAP in der zukünftigen Business Suite“. 

    Die Forderungen der DSAG auf der Frühjahresveranstaltung in Deutschland hinsichtlich SAP RISE waren daher eindeutig:

    Bisher gibt es keine konkreten Zusagen, ob und wann welche Themen angegangen werden. Solange gilt: funktionaler Rückstand plus erhebliche Lizenzkosten gleich Rückschritt für etliche Kunden. 

    SAP-Strategie und Zukunft

    Was bedeutet das für die Zukunftsfähigkeit? Es bleibt ein Poker-Spiel. Der Einsatz kann trotz Risiko für die eigenen Einstellungen erhöht werden. Man kann abwarten und schauen, welche weiteren Schritt die Experten in Walldorf unternehmen. Oder man steigt komplett aus und wechselt zu Technologien von Drittanbietern.

    2. SAP HDM lässt weiter auf sich warten

    Die Idee hinter SAP HDM (Harmonized Document Management) ist genial: Es gibt eine Middleware, welche die Ablage und Verteilung der Dokumente vereinheitlicht und strukturiert gestaltet. 

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    Tipp aus der Praxis

    In meinem Berateralltag erlebe ich es häufig, dass Daten ohne Security Monitoring auf Datenbanktabellen ungeschützt herumliegen, weil es keine einheitliche Ablage-Strategie gibt. Deswegen begleiten wir sehr regelmäßig Kunden beim Aufräumen und Löschen von überflüssigen oder veralteten Daten. Mit SAP HDM könnte eine neue Ablage etabliert werden. Technisch wird das Ganze auf der Knowledge-Provider-Ebene aufgehängt. Sieben Jahre ist es nun her, dass das Thema HDM angekündigt wurde. Ergebnis: Kein HDM in der Praxis. Nicht einmal ein konkreter Release-Termin. Mehrere SAP-Kollegen gaben mir die Rückmeldung, dass es SAP intern weiterhin keine Cross-Company-Abteilung gibt, die das Thema flächendeckend vorantreibt.

    3. Endlich Klarheit: SAP ADS on XSA für Adobe Document Services On-Premise

    Ein zentraler Service für viele DSAG-Mitgliedsunternehmen ist SAP Adobe Document Services (SAP ADS). Dieser Webservice zur Generierung von PDF-Dokumenten wird häufig mit Adobe Forms als Formulartechnologie und intern vom SAP Solution Manager für Dokumentationszwecke genutzt.

    Technologisch läuft der Webservice auf einem SAP Netweaver JAVA. Dieser ist ab 2027 aus dem Mainstream-Support. Stichtag somit 31. Dezember 2026.

    SAP hat den On-Premise-Server abgekündigt und wollte die Kunden zum ADS Cloud-Service zwingen. Mithilfe der DSAG und deren Positionspapier wurde schnell klar, dass es Kunden und Szenarien gibt, wo der Cloud-Service ADS schlicht und ergreifend nicht genug Performance liefert. Das trifft unter anderem auf den Etikettendruck, zeitkritische Ausdrucke, Druckläufe wie für Entgeltnachweise oder Rechnungsläufe zu.

    Nun gibt es endlich Klarheit, wie Adobe Document Services ab 2027 lokal nutzbar sein soll: ADS on XSA. XSA ist das erweiterte Anwendungsmodell von SAP HANA, das auf Containern und einer webbasierten Entwicklungsumgebung basiert. 

    Erwartet wird der ADS-Nachfolger mit dem Release S/4HANA 2025 im Q1/2027. Dies haben wir in unserem Blogartikel der DSAG-Tage von letzten Jahr bereits berichtet. Hier findest Du die passende Stelle.

    Was heißt das nun für Unternehmen?

    Das Support-Ende für Netweaver JAVA mit ADS on Premise ist am 31. Dezember 2026. Die erste Version von ADS on XSA wird Ende Q1/2027 verfügbar sein. 

    Nach unserer Erfahrung wechseln Kunden bei Veröffentlichung eines solchen Releases in der Regel nach 12 bis 18 Monaten auf die neue Version. In Klartext bedeutet das: effektive Verfügbarkeit des Nachfolgers ab Q3/2028.

    Ab 2027 stehen Kunden somit vor folgenden Optionen: Entweder sind sie aus dem regulären Support ausgeschlossen und müssen den Extended-Support für Netweaver JAVA kostenpflichtig verlängern. Oder sie migrieren ihre Netweaver JAVA-Umgebung auf S/4HANA Java beziehungsweise nutzen den Cloud-Service.

    Meine klare Empfehlung: den S/4HANA Java-Weg nutzen, sofern das finanziell günstiger ist als der erweiterte Support.

    Oder doch auf ADS Cloud wechseln?

    Natürlich drängt sich die Frage auf, ob das Thema ADS On-Premise bewusst drei Jahre lang verzögert wurde. SAP möchte schließlich Kunden in die Cloud bringen.

    Abgesehen davon kann es nicht schaden, sich die Möglichkeit einmal durchzurechnen. Zu beachten ist dabei das Abrechnungsmodell: Jede Anfrage kostet – egal ob Entwicklung, Testsicherung oder Produktiv-System. Wenn mehr als fünf Seiten gedruckt werden, wird in 5er-Schritten abgerechnet.

    Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Ein Angebot mit 63 Seiten wird im Test-System als Druckvorschau angezeigt. Das mach 12,6 abrechenbare Anfragen (63/5), was großzügig auf 13 aufgerundet wird. Aus genau diesem Grund nutzt es kein Kunde, den wir bisher betreut haben oder aktuell betreuen.

    Die Übersicht über die verschiedenen ADS-Optionen hilft bei der Suche nach der passenden Lösung:

    4. Datenarchivierung: Anwenderberichte und Best Practices

    Das SAP Information Lifecycle Management (ILM) und Datenarchivierungsberichte von Kunden waren ebenfalls Thema im Forum.

    Zugriff auf jede Datei

    Sehr interessant sieht die Lösung des Archivanbieters PBS aus. Sie ermöglicht es Kunden, ihr altes ERP-System abzuschalten – ohne den Zugang zu Daten und Medien zu verlieren. Ebenso bleiben die DART-Zugriffe für Steuerberater bestehen.

    Archivierung als Gemeinschaftsaufgabe

    Archivierung ist kein einmaliges Projekt! Es ist ein dauerhaftes Thema und muss in regelmäßig Abständen umgesetzt werden. Was das genau heißt, zeigt der Erfahrungsbericht der Mega Gruppe. Das Großhandelsunternehmen bietet Materialien für die Bereiche Sanierung, Renovierung und Modernisierung

    Der Bericht der Mega Gruppe deckt sich mit unseren Erfahrungen: Am Anfang steht ein Initial-Archivierungsprojekt, um sich endgültig von alten Datensätzen zu trennen. Danach müssen der Cut-Over-Plan und das Betriebsmodell konsequent umgesetzt werden.

    Gamechanger: Data Volume Management

    Kennst du bereits das Data Volume Management (DVM) über den Solution Manager? Dieser ist Teil des Early-Watch-Reports und liefert wertvolle Hinweise, welche Datenbanken besonders schnell wachsen. Diese Anzeigen dienen als fundierte Basis für die Volumenreduktion.

    Im S/4HANA System kannst du das DVM direkt mit folgender Transaktion ausführen: SE38 → Report → RAGS_DVM_CQC_ANALYSIS. Für mich ein absoluter Gamechanger und für die Erstanalyse super hilfreich.

    Spannend sind die Unterschiede im S/4HANA System mit den geänderten Datenbanktabellen. Speziell die neuen Modelle mit der MATDOC sowie der FI-Tabelle ACDOCA fallen auf. Diese vereinen Inhalte verschiedener DB-Tabellen, was die zugehörigen Archivierungsobjekte deutlich komplexer macht.

    Es entstehen neue Abhängigkeiten und Reihenfolgen, deren Nichteinhaltung zu Datenbankinkonsistenzen führen kann.

    Ihr könnt die Herausforderungen im FI Archivierung DSAG Forum nachlesen (Anmeldung erforderlich).

    Mythos: Archivierung als IT-Projekt

    Ein Erfahrungsbericht eines Kunden zum Thema wurde eingeleitet mit den Worten: „Es ist halt ein IT-Projekt.“ Eben nicht!

    Nach unseren Erfahrungen scheitern die meisten SAP Archivierungs- und ILM-Projekte an der fehlenden Verantwortung des Fachbereichs. Projekte verzögern sich, weil die Fach-Experten darin keine Priorität erkennt.

    Ebenso können die finalen Abnahmen für das Löschen und Archivieren der Belegdaten nicht durch einen IT-Mitarbeiter erfolgen. Die Belegdaten sind in der Hoheit des Fachbereiches. Es ist daher nicht optional, ob er das Projekt als sein eigenes ansieht – es ist zwingend erforderlich.

    Fazit

    Wie jedes Jahr war die Agenda der DSAG-Technologietage 2025 wieder vollgepackt mit informativen Keynotes für den Wissenstransfer. Es gab spannende Einblicke und Informationen unter anderem zur Plattform BTP, Business Data Cloud und zum Technologiebereich KI. 

    Am meisten schätze ich allerdings den Erfahrungsaustausch und die Gelegenheit, mit anderen Technologieinteressierten die Trends und Entwicklungen vor Ort zu diskutieren. Mit der Umstellung auf SAP S/4HANA, neuen KI-Anwendungen und der Cloud-First-Strategie gehen einem die Gesprächsthemen selbst nach vielen Stunden nicht aus. 

    Ich freu mich schon auf den Austausch im kommenden Jahr!