Du vergisst, ein Feld in einem Dokument auszufüllen – sofort erscheint eine Fehlermeldung. Du hast alle Informationen an der richtigen Stelle eingetragen – prompt spuckt dir der Computer eine E-Mail mit der Bestellung aus.
Diese „Wenn-Dann“-Prozesse sind allgegenwärtig in Unternehmensanwendungen und vereinfachen den täglichen Geschäftsablauf. Das bringt BRFplus (Business Rule Framework plus) ins Spiel. Die Applikation ermöglicht es, komplexe Geschäftsregeln in SAP-Anwendungen zu implementieren – ohne eine Zeile Code schreiben zu müssen.
Lass uns einen detaillierten Blick auf das Business Rule Framework plus werfen: Welche Funktionen bietet es? Wo kommen sie zur Anwendung? Und welche Vor- und Nachteile bringt die BRFplus-Funktion im Vergleich zur traditionellen ABAP-Programmierung?
Das Wichtigste auf einen Blick
- SAP BRFplus ermöglicht die Definition und Verarbeitung von Geschäftsregeln ohne Programmierkenntnisse.
- Die zentrale Verwaltung von Geschäftsregeln steigert die Unternehmenseffizienz durch Wiederverwendbarkeit, einfache Simulation und schnelle Integration in den bestehenden Geschäftsprozess.
- Als ABAP-basiertes Framework löst es in SAP S/4HANA das traditionelle NAST-Framework im Output Management ab.
Was ist SAP BRF+?
Das Business Rule Framework plus (SAP BRFplus oder SAP BRF+) ist ein ABAP-basiertes Framework . Es ermöglicht die Definition, Verwaltung und Ausführung von Geschäftsregeln in SAP-Anwendungen.
Mit der Applikation lassen sich Komponenten der SAP Business Suite individuell erweitern und Einstellungen flexibel an die eigenen Geschäftsabläufe anpassen. Dafür sind keinerlei Programmierkenntnisse notwendig, da BRF+ über die klassische SAP GUI (Graphical User Interface) oder über eine Fiori-App genutzt werden kann.
Praktisch, oder?
Hinzu kommt, dass das Rule Framework plus BRFplus seit SAP NetWeaver 7.02 standardmäßig enthalten ist. Das heißt: Für die Nutzung fallen keine zusätzlichen Kosten an.
Warum über BRFplus Geschäftslogiken implementieren, wenn es doch über ABAP einen direkten Weg gibt? Tatsächlich kann die individuelle Programmierung eine effizientere Lösung sein. Trotzdem setzen viele meiner Kunden auf BRFplus. Der Grund? Sie können damit dem grassierenden Fachkräftemangel etwas entgegensetzen. Denn ABAP ist naturgemäß Entwicklern vorbehalten, während BRF+ von Fachanwendern ohne Programmierkenntnisse genutzt werden kann. Das hilft, die IT-Abteilungen zu entlasten, da sie nicht bei jeder Anpassung einspringen muss.
Anwendungsbeispiele für BRFplus
In Unternehmen müssen Materialstammdaten häufig manuell angelegt werden. Dabei können Fehler wie unvollständige oder fehlerhafte Eingaben auftreten. Die führen früher oder später zu Problemen in der Logistik, Produktion oder Buchhaltung.
BRF+ kann das verhindern, indem alle Eingaben beim Anlegen eines neuen Materials automatisch geprüft werden. Fehlt beispielsweise die Angabe der „Materialgruppe“, erscheint sofort eine entsprechende Fehlermeldung.
Ebenso können kontextabhängige Eingabefelder eingeblendet werden, wenn bestimmte Kategorien ausgewählt werden. Der Datensatz wird erst gespeichert, wenn alle definierten Bedingungen erfüllt sind.
Über die Datenvalidierung hinaus eignet sich BRF+ für zahlreiche weitere Anwendungsfälle:
- Risikobewertungen
- Berechnung von Kosten
- Konfiguration von Freigabe-Workflows
- Nachrichtensteuerung in SAP S/4HANA
Aufbau von SAP BRF+
Das Business Rule Framework Plus bietet eine Benutzungsoberfläche (UI) für die Definition von Geschäftsregeln und umfangreiche Programmierschnittstellen (API) zu Anwendungen, welche diese Vorgaben nutzen.
Quelle: SAP Help
Die Workbench (WebDynpro) in SAP BRF+ ist die zentrale Benutzeroberfläche, mit der Nutzer Geschäftsregeln modellieren, testen und verwalten können. Sie kann entsprechend den Bedürfnissen verschiedener Anwendertypen als einfache Seite oder im Expertenmodus verwendet werden.
Für die Möglichkeit der Regelmodellierung stehen verschiedene Werkzeuge zur Verfügung:
- Eine Entscheidungstabelle stellt Regeln ähnlich einer Excel dar. Sie eignet sich bei Anweisungen mit mehreren Eingabefeldern und klar definierten Ergebnissen (wenn „Land = DE“ und „Kundentyp = B2B“, dann „Rabatt = 10 Prozent“).
- Entscheidungsbäume visualisieren komplexe Entscheidungslogiken als Baumstruktur. Jede Verzweigung stellt eine Bedingung dar, die zu einem spezifischen Ergebnis führt.
- Formeln ermögliche die Verarbeitung von Eingabewerten mithilfe mathematischer oder logischer Ausdrücke.
Für die korrekte Umsetzung der Anforderungen sorgt der Regelprozessor (Rules Processor). Er nimmt die Eingaben aus einer Anwendung entgegen, verarbeitet diese gemäß den hinterlegten Regeln und liefert ein Ergebnis zurück. Alle Regeln und Objekte werden im zentralen Rules Repository gespeichert, was ihre Verwaltung und Wiederverwendung vereinfacht.
Darüber hinaus findet im Backend die Simulation, die Nachverfolgung von Änderungen und die Fehlerkontrolle statt. Außerdem können BRF+-Regeln über das SAP Transport Management System (CTS) zwischen verschiedenen Systemen verschoben werden. Daneben kann ein Export und Import im XML-Format stattfinden.
In vier Schritten zur Automatisierung
Lass uns anhand der Grafik den grundlegenden Workflow zur Erstellung und Integration von Geschäftsregeln in SAP BRFplus durchspielen:
1. Zuerst wird eine Anwendung erstellt, die als Container für alle Geschäftsregelobjekte dient. Dieser organisiert Regeln, Datenobjekte und Funktionen in einer logischen Struktur und erleichtert deren Verwaltung.
2. Als Schnittstelle zwischen der Geschäftsregel und der SAP-Anwendung dient die Funktion. Sie definiert den Eingabekontext und das zu erwartende Ergebnis.
3. In diesem Schritt wird die eigentliche Logik implementiert, wie die Eingabedaten verarbeitet werden sollen. Das Datenobjekt wiederum definiert das Ergebnis
4. Abschließend werden alle Objekte aktiviert und getestet. Nach erfolgreicher Validierung erfolgt die Integration in die Anwendung.
BRF+ im Output Management von S/4HANA
Bei SAP ECC erfolgt die Erstellung, Formatierung und Verteilung von Dokumenten wie Rechnungen, Lieferscheinen oder Bestellungen über das NAST-Framework. Dieses ist vielseitig, aber komplex und erfordert oft individuelle ABAP-Entwicklungen.
Um das zu ändern, wurde in SAP S/4HANA das Output Management modernisiert und BRF+ als zentraler Bestandteil integriert. So steht in der S/4HANA als Cloud-Variante NAST nicht mehr zur Verfügung. Bei SAP S/4HANA On-Premise wird es hauptsächlich für bestehende Anwendungen und Szenarien genutzt.
SAP empfiehlt langfristig die Migration zum neuen Output Management – verbunden mit der Umstellung von SAPscript oder Smart Forms auf Adobe Forms. BRF+ setzt als Zielarchitektur für die Erstellung und Verwaltung von Formularen konsequent auf diesen Standard.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Hier eine Auswahl:
- Adobe Forms trennt im Gegensatz zu Smart Forms die Datenbeschaffung, Aufbereitung und das Layout voneinander. Dieses Model-View-Controller-Prinzip (MVC) ermöglicht eine flexible Anpassung des Designs ohne Eingriffe in die zugrundeliegende Datenlogik.
- Die Technologie bietet interaktive Formulare sowie die nahtlose Integration von Bildern, Tabellen und Videos.
- Die XML-basierte Datenverarbeitung von Adobe Forms sorgt für hohe Performance und Kompatibilität mit externen Anwendungen.
- Daten können per Drag-and-Drop in das Formular eingepflegt werden, was die Bearbeitung deutlich vereinfacht.
Fazit
BRF+ hat sich als Standard für das adaptive Management von Geschäftsregeln in SAP-ERP-Systemen etabliert. Zurecht, denn die Vorteile sind groß! Während traditionelle ABAP-Implementierungen bei jeder Regeländerung Entwicklerressourcen binden, können Geschäftsexperten in BRFplus diese eigenständig vornehmen.
Besonders agile Unternehmen profitieren von dieser Flexibilität, da sie deutlich schneller auf Marktveränderungen reagieren können. Bemerkenswert ist zudem, dass der generierte ABAP-Code äußerst performant läuft – in vielen Fällen sogar effizienter als manuell entwickelter Code.
Zur Effizienzsteigerung trägt außerdem das Rules Repository bei. Durch die zentrale Verwaltung behalten alle Abteilungen den Überblick über die implementierten Regeln, sodass diese mehrfach verwendet werden können und eine konsistente Entscheidungslogik sichergestellt wird.
FAQ
Für wen ist BRF+ geeignet?
Da BRF+ ohne Programmierkenntnisse genutzt werden kann, richtet sich die Applikation primär an Key User. Diese haben grundlegende Einblicke in Geschäftsprozesse sowie Knowhow in SAP-Modulen. Mit diesem Wissen kann BRFplus effektiv und gewinnbringend angewendet werden.
Wie können in S/4HANA Bestellungen über BRF+ ausgegeben werden?
In der Workbench wird zunächst die XML-Datei importiert. Danach müssen die entsprechenden Objekttypen aktiviert und konfiguriert werden.
Das geschieht unter SPRO → Cross-Application Components → Output Control → Manage Application Object Type Activation. Hier kann die PURCHASE_ORDER hinzugefügt und auf aktiv gesetzt werden.
Um den Output-Typ zu definieren, wird auf Define Output Types gewechselt und ein neuer Eintrag mit dem Objekttyp PURCHASE_ORDER verknüpft.
Unter Assign Output Channels wird dem neuen Output-Typ die gewünschten Kanäle zugewiesen, zum Beispiel PRINT, EMAIL oder IDOC. Unter Assign Form Templates die entsprechende Formularvorlage festgelegt, wie Adobe-Formular für Bestellungen.
Nun werden unter der Transaktion OPD noch die Regeln definiert, wann und wie die Bestellung ausgegeben wird. Fertig.
Funktioniert BRFplus auch unter SAP R/3?
Ja, BRFplus funktioniert unter SAP R/3 mit NetWeaver 7.02 – allerdings mit Einschränkungen. So gibt es keine Fiori-Integration und eine eingeschränkte Service-orientierte Architektur (SOA).
Können BRPplus und SAP Business Rules Management (BRM) gemeinsam verwendet werden?
Während BRP+ auf ABAP basiert, kommt BRM vor allem bei JAVA-Anwendungen zum Einsatz. Tatsächlich lassen sich beide Funktionen in einem Szenario parallel nutzen, da beide Engines sich gegenseitig aufrufen können. So lassen sich in BRM Regeln pflegen und per Fernaufruf in BRFplus verwenden – oder andersherum.
Welche Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es?
BRFplus ist niederschwellig und unterstützt Anwender ohne ABAP-Knowhow. Entsprechend gering sind die Hürden, um die Grundlagen im Umgang mit der Applikation zu erlernen. In einer ein- bis zweitägigen Schulung ist da schon viel getan.
Daneben gibt es detaillierte Anleitungen und Praxisbeispiele unter anderem in der SAP Community. Fundiertes fachliches Wissen liefern zudem das E-Book „BRFplus—Business Rule Management for ABAP Applications“ und das Buch „BRFplus Output Type Management in SAP S/4HANA“.