Es gibt kaum etwas Nervigeres, als ewig auf SAP Transaktionen oder das Aufrufen von ERP-Dokumenten zu warten. Für die schlechte Performance gibt es verschiedene Gründe. Einer der häufigsten: Zu viele alte Daten und Dokumente verstopfen die Hauptdatenbank deines ERPs.
Eine durchdachte SAP-Archivierung ist also kein „Nice-to-have“, sondern ein Muss – für die Leistungsfähigkeit deines Systems, aber auch für Compliance-Anforderung und zur Kostenkontrolle.
Zeit, das Thema SAP-Archivierung genauer zu betrachten. Hier erfährst du das Wichtigste dazu – klar, verständlich und mit konkreten Tipps aus der Praxis.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Nur Sammeln reicht bei der Archivierung nicht. Es braucht ein aktives Management von Daten, damit diese DSGVO-konform und revisionssicher abgelegt werden können.
- SAP selbst stellt kein eigenes System für die Archivierung bereit. Unternehmen müssen daher entscheiden: Lokale Hardware anschaffen oder auf die Cloud eines Drittanbieters wechseln.
- Für die Übertragung in die Datenbank kommen in der Regel DMS- oder ECM-Plattformen ins Spiel. Sie werden über ArchiveLink an das ERP-System angebunden.
Warum ist die Archivierung in SAP wichtig?
„Daten sind das neue Öl“ – ein Satz, den ich nicht mehr hören kann. So oft kam er mir schon zu Ohren. Trotzdem ist er wahr. Big Data bildet die Grundlage, um Kunden intensiver zu verstehen, Prozesse zu verbessern und Markttrends zu analysieren. Kurz: Mithilfe von Daten erhalten Unternehmen einen echten Wettbewerbsvorteil.
Sammeln allein reicht aber nicht. Ansonsten ist es wie mit einem Büro, dass vollgestopft wird mit Akten. Alles wird unübersichtlich und sogar nutzlos, weil wichtige Dokumente nicht gefunden werden.
Genauso läuft es im SAP ERP. Das System verarbeitet und generiert täglich eine Unmenge an Daten. Ohne eine kluge Archivierung werden diese nicht nur unbrauchbar – sie bremsen das ganze System aus. Das kann teuer werden, weil Arbeitszeit verloren geht. Außerdem kostet Speicherplatz auf der In-Memory Datenbanken in SAP S/4HANA richtig viel.
Jetzt könntest du denken: Dann lösche ich einfach das, was ich nicht mehr brauche. Aber halt, so einfach ist es nicht: Mal abgesehen davon, dass ältere Daten wertvolle Informationen enthalten können, gibt es gesetzliche Aufbewahrungspflichten.
Revisionssicherheit bei der Datenarchivierung
Seit diesem Jahr müssen Buchungsbelege wie Rechnungen, Kontoauszüge und Lieferscheine nicht mehr zehn, sondern nur noch acht Jahre gespeichert werden. Was genau, in welcher Form und wie lange aufbewahrt werden muss, regeln das Handelsgesetzbuch (HGB) und die Abgabenordnung (AO).
Daneben legen die „Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen“ (GoBD) fest,
- dass jeder Geschäftsvorfall lückenlos dokumentiert und für Dritte verständlich sein muss.
- dass alle relevanten Daten und Belege vollständig und korrekt erfasst werden müssen.
- dass nach der Archivierung die Daten nicht mehr verändert werden dürfen.
- dass die Ablage strukturiert und nachvollziehbar sein muss.
Damit nicht genug, kommt bei der Archivierung auch noch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) mit ins Spiel. Sie verlangt, dass personenbezogene Daten nur so lange gespeichert werden dürfen, wie sie wirklich gebraucht werden.
Gefragt ist also mehr als nur ein Archivierungsplan. Benötigt wird eine Lösung für den gesamten Lebenszyklus von Daten – von der Ablage bis zur Löschung.
Möglichkeiten der Archivierung in SAP
Wenn’s darum geht, ein „Langzeitgedächtnis“ für deine SAP-Daten aufzubauen, hast du mehrere Optionen. Gleich vorweg: Der SAP Content Server ist keine davon.
Dieser dient primär der Speicherung und dem Abrufen von Daten aus Anwendungen heraus. SAP schreibt selbst dazu im Help Portal: „Der SAP Content Server ist kein Ersatz für optische Ablagesysteme und andere Speichermedien zur Langzeitarchivierung von Dokumenten.“
Was heißt das konkret für Unternehmen?
Ihnen stehen zwei Wege offen: Sie können entweder eigene lokale Hardware anschaffen und damit ein On-Premise-Archiv anlegen. Das heißt allerdings auch, dass sie sich komplett um die Wartung, Sicherheit und Verwaltung kümmern müssen.
Oder sie gehen in die Cloud, sodass ein Drittanbieter das Hosting, die Updates und die Pflege übernimmt. Je nach gewünschtem Maß an Kontrolle und Sicherheit kann entweder eine Public-Cloud- oder eine Private-Cloud-Lösung gewählt werden.
Egal auf welches Setup gesetzt wird, in der Praxis erfolgt die Speicherung von Dokumenten außerhalb von SAP fast immer über ECM- oder DMS-Plattformen.
Dokumenten-Management-System (DMS)
Ein DMS gewährleistet eine effektive Verwaltung von digitalen Dokumenten. Das geht weit über die reine Archivierung hinaus und umfasst auch die Erstellung und Löschung – kurz gesagt: den gesamten Lebenszyklus. Es eignet sich vor allem für kleine und mittlere Unternehmen.
Enterprise Content Management (ECM)
Enterprise Content Management Systeme wie SAP ECM umfassen neben dem klassischen Dokumentenmanagement auch die Verwaltung unstrukturierter Inhalte. Das können Audiodateien, Bilder, Videos oder Social-Media-Beiträge sein.
Ziel ist es, sämtliche Informationen und Inhalte eines Unternehmens über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu steuern und zu verwalten. Deswegen ist ein solches System tief in den Workflows und Prozessen verankert.
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Für die revisionssichere Archivierung und eine effiziente Integration ist es besonders wichtig, dass das eingesetzte DMS oder ECM über eine zertifizierte SAP-Schnittstelle verfügt. Meist ist das SAP ArchiveLink. Die ArchiveLink Schnittstelle ermöglicht nicht nur die Archivierung von Datenmengen, sondern auch einen Zugriff auf den archivierten Datenbestand direkt aus dem SAP-System heraus.
Für SAP S/4HANA Public Cloud reicht die ArchiveLink Schnittstelle allerdings nicht mehr aus. Für dieses ERP braucht es eine Anbindung an den Content Management Interoperability Service (CMIS).
Wie werden Daten und Dokumente in SAP archiviert?
Wenn man über SAP-Archivierung spricht, geht es im Grundsatz meistens um zwei Dinge: Daten und Dokumente.
Datenarchivierung
Die Datenarchivierung betrifft strukturierte Informationen, zum Beispiel Buchungen, Belege und Transaktionsdaten. Dabei werden Zeilen aus Datenbanktabellen ausgelagert. Nach der Datenarchivierung sind diese Informationen in der Regel nicht mehr direkt über Standardtransaktionen zugänglich, sondern nur noch über spezielle Archivierungs- oder Recherchetransaktionen.
Dokumentenarchivierung
Dokumentenarchivierung betrifft unter anderem Rechnungen, Lieferscheine und E-Mails. Sie werden zum Beispiel als PDF oder Word abgelegt. Die Dokumente sind anders als bei der Datenarchivierung weiterhin eng mit SAP-Objekten verknüpft und deswegen über die Standardtransaktionen verfügbar.
Am Ende liegen Daten und Dokumente als Dateien vor – entweder als Archivdateien oder als Dokumentendateien. Aus Sicht des Archivsystems sind sie ziemlich ähnlich aufgebaut, weswegen der Ablauf der Archivierung identisch ist.
Ablauf der SAP-Archivierung
Für die Archivierung in SAP ist die Transaktion SARA entscheidend. Sie bietet eine Benutzeroberfläche, über die alle Schritte gesteuert und überwacht werden können.
1. Archivierungsobjekt auswählen
Ein Archivierungsobjekt definiert, welche Informationen logisch zusammengehören und miteinander archiviert werden können. Dafür wird jedes Archivierungsobjekt einem bestimmten Geschäftsprozess und einem Speicherort beziehungsweise Content Repository zugeordnet.
2. Archivierungslauf starten
Der Prozess der Archivierung besteht aus zwei Hauptschritten: Zuerst selektiert das Programm die Daten anhand bestimmter Kriterien wie Datum und überträgt sie in das Archiv.
Wenn die Schreibphase erfolgreich abgeschlossen ist und die Archivdateien verifiziert wurden, werden diese aus der Hauptdatenbank in SAP gelöscht. Dieser zweistufige Prozess stellt sicher, dass keine Daten verloren gehen. Nach jedem Schritt erstellt SARA ein Protokoll zur Nachvollziehbarkeit von Fehlern und Warnungen.
3. DSGVO-konformes Löschen
Lange Zeit war mit Schritt 2 der Archivierungsprozess abgeschlossen. Mit SAP Information Lifecycle Management (ILM) wird die Anwendung um wichtige Funktionen ergänzt. So ist es nun möglich, Lösch- und Sperrfristen zu setzen und einzuhalten. Das ermöglicht die Einhaltung wichtiger EU-DSGVO-Vorgaben.
Daneben ist ein weiterer Vorteil entscheidend: Beim Wechsel von SAP R/3 auf S/4HANA kann dich dieselbe Menge an Daten und Dokumenten plötzlich das 15-fache kosten – einfach, weil HANA-Speicher richtig teuer ist.
Es macht also großen Sinn, im Vorfeld der S4/HANA-Transformation erstmal einen Überblick über die Datenmengen zu erhalten und sich von Altlasten zu befreien. SAP Information Lifecycle Management ist dabei das Mittel der Wahl, um den Speicherbedarf zu reduzieren und damit die Kosten zu drücken.
SAP selbst geht von 2 bis 3 Terrabyte aus, die ein Unternehmen an Kapazitäten auf der HANA-Datenbank benötigt. Das ist eine Ansage. Wenn wir mit Unternehmen anfangen zu arbeiten, ist die Größe ihres Archivs häufig 10 Terrabyte und mehr. Am Ende schaffen wir es in aller Regel, mithilfe von SAP ILM die SAP-Empfehlung einzuhalten.
Fazit: Archivierung in Zeiten von KI
Archivieren ist längst mehr als nur das Auslagern von Dokumenten. Es geht darum, Daten aktiv zu managen – von der Entstehung bis zur Löschung. Nur das bleibt im System, was wirklich gebraucht wird. Alles andere wird sauber abgelegt – und DSGVO-konform entfernt.
Wer das Archivierungsprojekt ernst nimmt, entlastet also nicht nur seine Datenbank. Er sorgt dafür, dass das System schnell bleibt, gesetzliche Vorgaben eingehalten werden und Kosten nicht aus dem Ruder laufen.
Mit Künstlicher Intelligenz stehen wir nun an der Schwelle eines neuen technologischen Zeitalters, dass auch vor dem Archiv nicht Halt macht. Die Systeme können automatisch erkennen, was wohin gehört. Sie erstellen Metadaten, finden Inhalte schneller und achten darauf, dass alles DSGVO-konform abläuft. Kurz: KI macht aus dem Archiv einen Wissensspeicher, der tatsächlich genutzt wird.
Das ändert den Blick auf die Archivierung komplett. Sie wird zum aktiven Teil der Datenstrategie. Ein Hebel für Effizienz, für Sicherheit und für Innovation.
Der richtige Moment also, sich mit dem Thema intensiver zu befassen. Zum Start kann ich dir das E-Book „SAP-Datenarchivierung“ vom Rheinwerk-Verlag empfehlen.
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FAQ
Ist Data Aging dasselbe wie SAP Archivierung?
Nein, auch wenn beide Prozesse das Datenvolumen reduzieren. Allerdings auf verschiedene Weise. Die SAP Archivierung entfernt Daten komplett aus der Hauptdatenbank.
Data Aging dagegen ist eine intelligente Speichernutzung in HANA. Dabei werden Hot Data im Hauptspeicher (RAM) gehalten. Nicht mehr aktiv genutzte Daten, sogenannte Cold Data, werden auf langsamere Disk-Speicher ausgelagert.
Warum hat SAP kein eigenes revisionssicheres Archiv?
Der SAP Content Server ist explizit nicht für die langfristige, revisionssichere Archivierung konzipiert. Das wird sich auch nicht ändern, denn SAP konzentriert sich primär auf die Entwicklung von ERP-Systemen und Business-Anwendungen. Spezialisierte Drittanbieter sind dagegen besser in der Lage, auf die rechtlichen und technischen Anforderungen von Unternehmen einzugehen und die dazu passende Archivierungslösung anzubieten.
Wie können archivierte Daten in SAP wiederhergestellt werden?
Einige Archivierungsobjekte wie SD_COND ermöglichen direkte Rückladeprozesse aus dem Archiv heraus. In vielen Fällen geht das aber nicht.
Bei nicht unterstützten Objekten braucht es einen manuellen Weg: Zunächst müssen Archivinfostrukturen in SARJ angelegt werden, um exportierte Daten via LSMW oder Migrationstools neu einzuspielen. Wichtig ist die Konsistenzprüfung. Gelöschte Referenzdaten müssen vor der Wiederherstellung rekonstruiert werden.
Tipp: Über den Datenarchivierungsmonitor kannst du Archivprotokolle einsehen und herausfinden, was wohin geschrieben wurde.
Was sind die Vor- und Nachteile Cloud-basierter Archivlösungen?
Cloud-Lösungen können die Kosten durch Pay-per-Use-Modelle reduzieren und die IT-Abteilungen entlasten, weil der Anbieter die Wartung und die Updates übernimmt. Herausforderungen sind unter anderem Abhängigkeiten vom Provider und potenzielle Compliance-Risiken. Entscheidend ist unter anderem die Einhaltung der DSGVO-Vorschriften.